Saturday, August 03, 2013

Hans Joas on Robert Bellah

In "Süddeutsche Zeitung" (August 3, 2013), Hans Joas writes on Robert Bellah, who died on July 31:

"Gewohnheiten des Herzens"
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Update:
English translation: "Habits of the Heart"

Excerpts
"Das hohe Alter ist bei manchen Geistes- und Sozialwissenschaftlern eine Zeit ungebrochener Produktivität. Im Vertrauen darauf entwarf Robert N. Bellah, der führende Religionssoziologe der letzten Jahrzehnte und einer der einfluss-reichsten öffentlichen Intellektuellen der USA, zu Beginn seines Ruhestands das Projekt einer Globalgeschichte der Religion von ihren Anfängen bis zur Gegenwart.

2011 konnte Bellah dann den Band „Religion in Human Evolution“ vorlegen, der von den Ritualen der Jäger und Sammler über die Kulte und Mythen archaischer Staatswesen bis zur „Achsenzeit“ reichte. Auf diesen Begriff hatte der Philosoph Karl Jaspers die schon länger verbreitete Beobachtung gebracht, dass die großen religiösen und philosophischen Traditionen, von denen die Welt auch heute noch zehrt, ihre Grundlagen in Neuerungen haben, die um die Mitte des letzten Jahrtausends vor unserer Zeitrechnung bei Juden und Griechen, Chinesen und Indern stattfanden. [....]

Religiös neutral ist Bellahs Globalgeschichte der Religion nicht. „Nothing is ever lost“ ist ihr Leitmotiv: Ritual und Mythos sind auch nach der Entstehung von theoretischer Rationalität und moralischem Universalismus nicht passé. Er vertrat sein Christentum in der Spannung zwischen Prophetischem und Sakramentalem. Das späte große Buch verwirklicht nur die Hälfte des ursprünglichen Plans; die Schwelle zur Entstehung von Christentum und Islam war noch gar nicht erreicht. Die Fortsetzung sollte ein großer Essay werden zur Entstehung der Moderne, aber gerade nicht ein weiteres Werk zum „Aufstieg des Westens“, sondern derart, dass China soziologisch und kulturell gleichberechtigt behandelt würde.

Die riskante Herzoperation, zu der Robert Bellah sich entschlossen hatte, erlebte er mehr als störende Unterbrechung der Arbeit, weniger als Quelle von Todesfurcht. Am Mittwoch dieser Woche ist er ihr im Alter von 86 Jahren erlegen.

Hans Joas is the author of "The Sacredness of the Person: A New Genealogy of Human Rights" (Georgetown University Press, 2013) [German: "Die Sakralität der Person" (Suhrkamp, 2011)] and co-editor (with Robert Bellah) of "Axial Age and Its Consequences" (Harvard University Press, 2012).

See Hans Joas's interview with Robert Bellah on his book on religion in human evolution in "The Hedgehog Review" (2012).

See also my links to obituaries and appreciations of Bellah here.

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